FC Atert Bissen – SC Sporting Steinfort

LogoAtertBissen                                           LogoSportingSteinfort

FC Atert Bissen – SC Sporting Steinfort
Terrain Bousebierg, Bissen
15.10.2017 / Anst. 16.00 Uhr
1:0 (0:0)
126 ZS / davon 30 Gäste

Bissen, im Herzen des Großherzogtums Luxemburg gelegen, wird 963 urkundlich das erste Mal, in der Unabhängigkeitserklärung von der Kirche Mersch erwähnt, obwohl historische Funde den Einfluss der Römerzeiten belegen. Der Name des Ortes könnte vom altfranzösischen Wort „bien“ stammen, was soviel wie Mühlenkanal bedeutet. Von 1242 bis 1249 gehörte Bissen zum den Herren des Klosters Sauveur zu Metz, ehe die berühmten Herren von Esch sur Sure (nicht mit Esch/Alzette im Süden zu verwechseln) die Rechte an Bissen bekamen. Unter Ihnen wurde Bissen später zu einer herrschaftlichen Sondereinheit und kehrte zur Allianz mit Pettingen und Crehange zurück. Im Dreißigjährigen Krieg raffen Seuchen die Bevölkerung dahin, was den Ort fast aussterben lässt. Den wenigen Überlebenden wird eine Kapelle gewidmet, die den Namen „Kapelle des heiligen Kreuzes“ trägt. Diese wurde jedoch während der Französischen Revolution aufgegeben und 1825 zu einer Schule umgewandelt. Auch das Schulgebäude ist heute nicht mehr existent; an ihrer Stelle stehen heute Sozialwohnungen. 1854 jedoch – die alte Kapelle war wie eben beschrieben längst verschwunden, überzog die nächste Seuche den Ort. Die Cholera dezimierte erneut weite Teile der Einwohner, sodass man sich wieder an die alte Kapelle erinnerte und eine neue – die sogenannten „Chapelle du cholera“ (Cholera-Kapelle) errichtet. Anfang Oktober eines jeden Jahres ist sie Ziel einer Prozession.


Trotz der landwirtschaftlichen Prägung Bissens, entwickelte sich auch ein wirtschaftlich-industrieller Zweig im Ort. Neben einem großen, über alle Grenzen bekannten Rindermarkt im 14. Jahrhundert, sind es vor allem die örtlichen Hochöfen, die alluviale Erze fördern und hauptsächlich in die Großregion Lüttich exportieren. Alluvialböden kommen hauptsächlich an großen Flussdeltas vor, aber auch an den Ufern der Attert. Sie sind aus mehreren Mineralien zusammengesetzt, wie beispielsweise Sand und Ton, aber auch Kies. Je nach Fließgeschwindigkeit des Flusses wird mehr Gestein mitgerissen (erodiert) als abgelagert. Somit kann man sagen, dass die Attert an der Stelle Bissens eher langsam fließt und sich so mehr ablagern konnte und mehr abgebaut werden konnte. Aufgrund der geringen Ablagerungsmenge war der Geschäftsbetrieb aber nicht lange aufrecht zu erhalten.

Ab 1887 gründete sich in den alten Mauern der Schmiede eine Nagelwerkstatt, die um 1900 durch eine Drahtzieherei ergänzt wurde. 1951 gründete sich die Reifenfarbik Goodyear in Colmar-Berg, einer Gemeinde neben Bissen. Mit Goodyear kam die Arbeit zurück in die Region, sodass bis 1971 ein enormes Bevölkerungswachstum zu verzeichnen war. Auch ein zweites großes Unternehmen siedelte sich in der Gegend an. Mit dem Stahlunternehmen Arcelor (seit 2006 ArcelorMittal) beherbergt Bissen selbst einen großen Firmemstandort.

WappenBissen

Das Wappen der Gemeinde Bissen ist recht simpel in schwarz-weiß gehalten. Interessant ist jedoch die Bedeutung des Schildwappens, denn die Farbgebung und Anordnung ist der Farbgebung der Rüstung und der Waffen der mittelalterlichen Herren entnommen. Um Unterscheiden zu können, welche Waffen, Rüstungen usw. der Familie oder den Herrschern gehörte, wurde schwarz-weiß (Herren von Bissen) und rot-weiß (Familien/Einwohner von Bissen) festgelegt.


Die Stadt selbst präsentiert sich in einem sauberen und gepflegten Zustand. Auch die Attert fließt nach wie vor still durch den Ort. Berühmt geworden ist die Attert in den 70er und 80er Jahren, als dreckigster Fluss in Europa. Wohl nicht zuletzt durch die illegale Reifenendlagerstätte, für die sich bis heute niemand verantwortlich fühlt. Glücklicherweise ist dieses Kapitel längst zugeschlagen. Auf einer Anhöhe im Ort steht die Kirche St.Etienne, vor der eine Erinnerungsstätte an die Taten des Zweiten Weltkriegs erinnert. Der Grundstein wurde 1858 auf den Resten der alten Pfarrkirche gelegt. Gewidmet ist die Kirche dem hl. Stephanus, dem am 26.Dezember gedacht wird. 1924 wurden die Fresken im Chorbereich vom Künstler Jean-Pierre Beckius geschaffen. Es sind die einzigen Bilder von Beckius selbst gemalt wurden und zeigen verschiedene Lebensepochen von Jesus. Die Orgel im Inneren stammt aus dem Jahre 1892 und steht seit 2001 unter Denkmalschutz. Mit 49,5 Metern Höhe ist der Kirchturm einer der höchsten Luxemburgs. Die drei Glocken sind wie folgt gewidmet: Die größte und mit 1300kg schwerste der heiligen Dreifaltigkeit, die zweite ist Maria, als Trösterin und Königin des Friedens und die dritte der heiligen Theresia von Lisieux. Ehrlich gesagt bin ich nicht der große religiöse Mensch, ich besuche zwar gerne Kirchen wegen der Kunstfertigkeit und Architektur des Inneren und weil Sie neben dem Fussballverein ein Aushängeschild der Stadt ist, aber zu Theresia von Lisieux habe ich dann doch mal etwas mehr recherchiert. Erwähnenswert finde ich diese Persönlichkeit deswegen, weil sie erst die dritte Frau war, die die Tätigkeit einer Kirchenlehrerin zugesprochen bekam. Sie starb krankheitsbedingt bereits mit 24 Jahren. Bereits in jungen Jahren wurde sie durch wundersame Weise geheilt, als sie erkrankt das Antlitz und Lächeln der Hl.Maria erblickte. Überliefert sind depressive Zustände und eine gespaltene Persönlichkeit. Dennoch sind ihre Schriften besonders in Frankreich eine der meistgelesene spirituellen Schriften bis heute und das obwohl Frauen zu jener Zeit in der sie lebte (1873-1897) Frauen kaum etwas in der Kirche zu sagen hatten. Vor dem Hintergrund ist die Heiligsprechung. sowie die Ernennung als Kirchenlehrerin irgendwo auch ein Wunder, um im religösen Fachterminus zu bleiben.


Das zweite religiöse Aushängeschild stellt der FC Atert Bissen dar. Die ersten fussballerischen Vorläufen geht auf das Jahr 1917 und den FC Jeunesse Bissen zurück, der in blau-weiß spielte sich aber 1923 wiederauflöste. 1929 wurde dann mit dem FC Red Star ein neuer Anlauf genommen. Erneute finanzielle Probleme und das Fehlen eines geeigneten Sportplatzes ließen auch diesen Club zerbrechen. Eigentlich sehr schade, wie die Vereinschronik zu berichten weiß. Denn Bissen verfügte damals über eine recht gute Mannschaft, deren Namen mir zwar nichts sagen, aber eine Annekdote mir in Erinnerung bleibt. Pol Biever, der Sohn des Leiters der Nagelfarbik, begoss einen Sieg seiner Mannschaft so ausgiebig, dass er betrunken am nächsten Tag seine Abschlussprüfung begehen musste, dieser aber mit Auszeichnung bestand. Jaja, die guten alten Zeiten. Die Idee es nochmals mit einer Vereinsgründung zu versuchen kam vier jungen Männern nach dem Schwimmen in der Atert 1942.

Einige Monate später wurde auf der ersten Sitzung in einem Cafe in Bissen die Vereinsgründung beschlossen. Nach dem aber zwei der vier Gründungsmitglieder in den Wirren des Zweiten Weltkriegs ums Leben kamen, suchte man sich erneut Verbündete und schloss sich einer Gruppe von Spielern aus Schieren an und firmte zunächst unter dem Namen FC 42. Oftmals wurden die Spieler in den Nachbardörfer getauscht. Bedingung: „Wenn Du heute bei uns antritts, kommen wir zu euch hoch um euch dann bei eurem Spiel zu helfen!“ Wiederrum fielen weite Teile der noch übrig gebliebenen Fussballer dem Krieg zum Opfer, sodass die Gründung sich auf das Jahr 1945 verschob. Bereits die Saison 45/46 spielte der Club, der nun FC Atert hieß, die erste Meisterschaftssaison und stieg im folgenden Jahr direkt auf. Das erste Spiel gegen Larochette wurde vor großer Kulisse mit 5:1 gewonnen. In der ewigen Tabelle belegt der FC Atert Bissen Rang 47 von 369 Teams der Gesamtwertung, was durchaus beachtbar ist.
Das heutige Spiel gegen Sporting Steinfort war eher zähe Fussballkost. Einige weibliche Gästefans machten sich durch viel Geschrei in hohen Tonlagen auf sich aufmerksam, was mich dazu veranlasste auf die gegenüberliegenden Seite zu wechseln. Das goldene Tor nach einem schön herausgespielten Angriff fiel um die 70.Minute herum.

Das Terrain Bousebierg ist eher ein normaler Sportplatz mit großem alten Clubheim, deren Wintergarten die einzige Überdachung bietet. Der Spielereingang zum Spielfeld wird durch ein großes Schild in Vereinsfarben und mit Vereinsschriftzug deklariert. Auf der Gegendgeraden gibt es einen kleinen Rasenwall mit vereinzelt aufgestellten Sitzbänken. Oberhalb des aktuellen Platzes wird eine große Sporthalle gebaut, welche wohl angrenzend einen neuen Fussballplatz beherbergen wird. Dies kann man aufgrund der bereits stehenden Flutlichtmasten erkennen.


Der heutige Besuch war Anlauf Nummer zwei, da ein Spiel der zweiten Mannschaften wegen Nichtantreten des Gegners ausgefallen war und wir nach Ettelbrück ausweichen mussten. Sicherlich ist Bissen fussballerisch kein Highlight, aber die sympathische Art der Vereinsverantwortlichen und das große alte Clubheim haben schon einen gewissen Charme, der durch einen kleinen Ortsrundgang abgerundet wird.

 

Geschichte Kirche St.Etienne (luxemburgisch)

Hintergründe Theresia von Lisieux

Geschichte FC Atert Bissen (luxemburgisch)

Hinterlasse einen Kommentar