FC Wegberg-Beeck – Fortuna Düsseldorf II

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FC Wegberg-Beeck – Fortuna Düsseldorf U23
Waldstadion Beeck
18.11.2018, Anst. 14.00 Uhr
0-3 (0-0)
313 Zuschauer / 40 Gäste

„Man weiß etwas erst zu schätzen, wenn man es nicht mehr hat oder verloren hat.“ Ein Satz den sich jeder sicherlich irgendwann einmal gedacht oder gesagt hat. Bei mir ist es gerade ähnlich. Mehr als einen Monat ist es her, dass ich den letzten Bericht durch die Tasten gehauen habe und es fehlt mir schon etwas, die Erlebnisse damit abschließend zu verarbeiten und mit den paar Lesern, die ich hoffentlich habe, zu teilen. Klar manche Berichte gehen schneller von der Hand als andere, aber die Reise zum FC Wegberg-Beeck war für mich eine Art Zeitreise in die frühen 90er Jahre, als ich anfing mit meinem Vater das eine oder andere Stadion zu besuchen. Insofern wollte ich diesen Bericht nicht einfach herunterschreiben, sonden stattdessen ordentlich aufarbeiten.

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Erste Station war vor den Toren Wegbergs die Motte Tüschenbroich. Ehrlich gesagt bin ich bei der vorherigen Recherche über den Begriff Motte gestolpert und war neugierig was sich denn dahinter verbirgt. Denn ein übergroßes, nachtaktives Flugtier konnte es wohl kaum sein. So ist eine Motte eine Burg, die vornehmlich aus Holz auf einem Hügel erbaut wurde und aus dem Mittelalter stammt. Hauptkennzeichen einer solchen Motte ist ein künstlich angelegter Wall mit einem meist turmförmigen Gebäude. Dazu kommt zumeist eine Vorburg, die die zugehörigen Wirtschaftsgebäude beherbergt. Vergleichbar aus meiner Sicht – zumindestens der Optik nach – ist das Hauptgebäude einer Motte mit den Wachtürmen des römischen Grenzwalles Limes. Die Funktion einer Motte waren in Europa gänzlich verschieden. Während in Frankreich und England häufig die Könige oder Hochadligen ihre Burgen im Stile einer Motte errichteten, waren es in Mitteleuropa vor allem Niederadlige und Dienstadlige, die so ihre herrschaftlichen Wohnsitze errichteten und auch so ihre hierachische Stellung zum Ausdruck brachten. Auch wurden Motten beim Bau einer neuen Burganlage als Art Schutzburg errichtet. Während die ersten Motten um 900 bis 1000 n.Chr. entstanden, handelt es sich bei der Motte Tüschenbroich um eine Frühform, die 100 Jahre zuvor um 800 n.Chr. entstanden ist. Die ersten Ursprünge stammen wohl aus dem Seinegebiet in Frankreich. Diese Form des Burgenbaus hielt sich aber nur ca. 400 Jahre. Bereits ab dem 13. Jahrhundert wurden viele Motten aufgegeben. Dies betraf aber erstmal nur die Burganlage selbst. Die Wirtschatfsgebäude waren hiervon zunächst nicht betroffen. Mit der Zeit wurden die Anlage in Steinbauten umgewandelt und den neuen militärischen Anforderungen angepasst und zu richtigen Festungsanlagen umgebaut. Im Endeffekt wurde dann aus der Motte die neuere Variante, die Wasserburg.

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(Schloss Tüschenbroich)
Erstmalige Erwähnung der Motte Tüschenbroich ist das Jahr 1172 als Stammsitz der Herren von Tüschenbroich. Im 30-jährigen Krieg wurde die Burg völlig zerstört und an deren Stelle das heutige Schloss Tüschenbroich durch Freiherr von Spiering errichtet, der direkt den ganzen Ort Tüschenbroich mit etwas mehr als 24.000 Reichstaler kaufte. Heute ist nur noch der Hügel der Motte erhalten und die ehemalige Wehranlage gilt als Bodendenkmal, also ein im Boden verborgenes Zeugnis der Kulturgeschichte. Wie bereits erwähnt findet sich dirket neben der alten und nur durch den Hügel sichtbare Motte, das Schloss Tüschenbroich. 1876, am 6.Dezember, stürzten wegen eines Sturms der Südturm und ein Teil des Hauptgebäudes ein, sodass Erneuerungsarbeiten nötig wurden. Heute ist das Schloss in Privatbesitz und wird bewohnt. Teil der Schlossanlage mit dem Burgweiher sind eine Kornmühle, eine Ölmühle und die Ullrichskapelle.

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(Motte Tüschenbroich)

Besonders die Geschichte um die Entstehung der Kapelle ist sehr lesenswert: In dieser Geschichte geht es um einen Graf und dessen Sohn, der immer höhere Geldforderungen an den Vater stellt. Da der Vater diesen Forderungen nicht länger nachkommen wollte, erhob der Sohn mit Namen Ullrich die Hand gegen seinen Vater und versuchte ihn mit einem Dolch zu erstechen. Daraufhin verjagte der Vater den Sohn von der Burg. Kurz darauf trieb einer Räuberbande in der Gegend ihr Unwesen und der Burgherr ließ die Schuldigen verfolgen. Der Anführer wurde gefasst und man ahnt es schon, dass sein Ullrich dieser Anführer war. Ullrich beteuerte bei seiner Festnahme zwar, dass er der Sohn des Burgherren sei, aber seine Jäger sahen in dieser Aussage nur eine List und verurteilten ihn zum Tode im Messerturm. Der Messerturm machte zu dieser Zeit seinem Namen alle Ehre, denn es war ein Turm, der von oben bis unten mit Messer gespickt war und in dem der Verurteilte von oben hineingestoßen wurde. Als nach der Vollstreckung des Urteils dem Burgherren eine Kette des Schuldigen überbracht wurde, erkannte dieser, dass diese Ullrich gehörte. Er ließ daraufhin den Turm abreißen und an dieser Stelle – zum Gedenken an seinen Sohn – die Ullrichskapelle errichten.


Im Anschluss ging es dann ins nahegelegene Wegberg. Wegberg liegt direkt an der niederländischen Grenze und wurde als „Berck“ 966 in einer Urkunde Kaisers Ottos I. das erste Mal in schriftlicher Form erwähnt. Der heutige Name Wegberg geht wohl auf das 14. Jahrhundert zurück und ergründet sich aus der Lage des Ortes an einer Heerstraße, die den Fluss Schwalm überquerte. Mitten durch die Stadt verlief über Jahrhunderte die Grenze der Herzogtümer Geldern und Jülich. So war der heutige Bereich der kleinen Innenstadt unter geldrischer Herrschaft, während Tüschenbroich bereits zu Jülich gehörte. Diese Grenzen wurden dann mit dem Einmarsch französischer Revolutionstruppen hinfällig. Drei Jahre später verzichtete der habsburgischer Kaiser auf die linksrheinischen Gebiete im Frieden von Campo Formio, sodass die Grenzen sich auch völkerrechtlich konform festzurrten. Kurz darauf kam auch das ehemals jülichische Tüschenbroich zu Wegberg. 1815 fielen die Gebiete an Preußen und wurden 1820 zu einer Bürgermeisterei zusammengefasst. Seit 1973 genießt Wegberg den Zuspruch von Stadtrechten.

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Die heutige Kirche, die St.Peter und Paul gewiehen ist, lag damals im jülichischen Teil Wegbergs, wohingegen sich aber der Pfarrbezirk auf den geldrischen Teil bezog. 1639 übertrug jedoch der Freiherr von Spiering, der auch das Schloss Tüschenbroich errichten ließ, die Kollatur (also das Recht eine geistliche Stelle zu besetzen und Pfründe zu erheben) an den Kreuzherrenorden, der in Wegberg ein Kloster errichtet. Diese Verfügung wurde dann jedoch von den Franzosen 200 Jahre aufgehoben. Das Kloster Wegberg wurde nach 2004 – die letzten Mönche hatten die Räumlichkeiten gerade verlassen – aufgelöst. Die Gemeinden wurden dann zu einer Gemeinde 2013 zusammengefasst. An dieses Ereignis erinnert am Eingang zur Kirche ein großer Mühlstein, der, in Anlehnung an die Mantelteilung des St.Martin, der damit das Leben des Bettlers gerettet hat, durch das Mahlen des Getreides zu Mehl das Überleben der Menschen sichern soll. Nun gut, also wollte ich die Kirche dann auch von innen sehen, scheiterte aber an den verschlossenen Pforten, wie es leider öfter in Deutschland vorkommt.

(aktuelles Stadtwappen und historisches Stadtwappen Wegbergs)
Das aktuelle Wappen von Wegberg ist mittig geteilt, der obere Teil zeigt auf blauem Grund den geldrischen Löwen und im unteren Teil auf silbernem Grund drei blaue Wellenbalken. Der Löwe geht auf die Zugehörigkeit der Stadt zu Geldern zurück, wohingegen die drei Wellenbalken für die Bäche Beeckbach, Schwalm und Mühlenbach stehen. Das historische Wappen sah hingegen ganz anders aus und wurde bis 1937 wie folgt geführt: Es war ein mittig zweigeteiltes Schildwappen, welches im oberen Bereich den Hl. Petrus auf goldenem Grund abbildet und im unteren Bereich auf silbernem Grund ein schwarzes Kreuz, sowie einen Brotlaib zeigt. Das alte Emblem geht auf ein Schöffensiegel aus dem 16. Jahrhundert zurück.

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Sehenswürdigkeiten gibt es in Wegberg aus meiner Sicht eher wenige. Zu erwähnen wäre neben der oben bezeichneten Kirche noch die alte Burg Wegberg, in der heute ein Hotel untergebracht ist und die sich auch durch einen vorgelagerten Park kennzeichnet. Die eigentliche Wasserburg ist jedoch nur noch rudimentär vorhanden. Die Grundmauern stammen aus dem 14. Jahrhundert, das daraus entstandene Herrenhaus wiederrum, seit 1985 unter Denkmalschutz, stammt aus dem 19. Jahrhundert. 1343 starb mit Ritter Johann von Berck (alter Name von Wegberg) der letzte aus der Ahnenreihe der Familie, in dessen Besitz die Burg am Zusammenfluss von Flußbach und Beecker Bach. Nach mehreren Besitzwechseln wurde die Burg fast vollständig abgerissen, um das neue Herrenhaus zu errichten.

(Burg Wegberg und Zusammenfluss von Flußbach und Beecker Bach)
Für mich weit interessanter wurde dann der Ortsteil Beeck, der etwa 2-3 Kilometer vom Stadtzentrum Wegberg liegt. Interessanter jedoch nicht nur, weil dort das Waldstadion und Heimspielstätte des FC Wegberg-Beeck liegt, sondern weil der Ortsteil sehr eng und mit viel Fachwerk gespickt ist. Besonders der zentrale Platz, der nur über die engen Gassen erreichbar ist, lässt den Besucher deutlich mehr die Vergangenheit spüren, als dies in Wegberg selbst der Fall ist. Das Gebiet um Beeck wird wohl seit der Steinzeit besiedelt, wohingegen die heutigen Ortsgrenzen auf eine Zeit um 800 n.Chr. zurückgehen. Auch in Beeck gab es eine Motte, die heute nur noch als großer Hügel erkennbar ist. Jedoch verweisen zahlreiche Informationstafeln auf den ehemaligen Standort der Burg. Vermutlich wurde die Motte um 1000 n.Chr. gegründet und war die Vorburg einer späteren Burg im heutigen Bereich des Hauses Beeck, welches 1279 erstmals urkundlich in Erscheinung tritt. In der Historie gab es viele Herrscher in Beeck. So zeugt heute noch die Straße „Spanische Kall“, von der unmittelbaren Grenze zwischen Geldern und Jülich. Durch Heirat im Jahre 1472 wechselte Beeck dann in den Besitz von Jülich. In diese Zeit fällt dann auch der Bau der St.Vicentinus-Kirche in Beeck. Um 1401 wurde das Gotteshaus errichtet und in der Neuzeit erweitert. So besteht die Kirche aus einem alten Teil und einem neuen Teil, die sich deutlich voneinander unterscheiden. Leider war die Kirche auch hier geschlossen, sodass ich keine Chance hatte mir die Teile von innen anzusehen. Mir hatte es besonders der zentrale Platz Beecks angetan, der aus den engen Gassen heraussticht einen gucken Blick auf die Kirche gewährt und eine großes Kreuz an zentraler Stelle beherbergt.

(Impressionen aus Beeck)

(Überreste der Motte Beeck)

 

Der heutige FC Wegberg-Beeck geht auf den 1920 gegründeten Sportverein Beeck zurück, der sich reger Beteiligung am Fussball erfreute. Bereits ein Jahr später trat der SVB dem Westdeutschen Fussballverband bei und konnte mit Hilfe der Ortsgemeinde Beeck am Waldrand ein Gebiet pachten, auf dem feste Tore und Zäune installiert wurden. Ein Umstand, den beileibe nicht mehr „kleine“ Verein, vorweisen konnte. Nachdem im Zweiten Weltkrieg der Spielbetrieb ruhte spielte der Club in den unteren Ligen vor sich hin ehe 1980 der Unternehmer Stroinski nach Beeck zog und sich dem SV Beeck annahm. 1996 wurde der SV Beeck dann in FC Wegberg-Beeck umbenannt und erhielt 1998 für 750.000 € das heutige Waldstadion. Da Stroinski auch Partner von Borussia M´gladbach ist, schaut der VfL jährlich zu einem Freundschaftsspiel vorbei und wirbt aktiv im Waldstadion auf Banden für die Kooperation mit dem FC Wegberg. Vergleiche zu Hoffenheim kamen hoch und sind auch durchaus berechtigt, wenn man alles etwas in kleinerem Rahmen sieht. 2002 musste der Club insolvenzbedingt in die Landesliga hinunter, kam 2005 erneut zurück in die Oberliga und stieg wieder ab. Auf nationaler Ebene trat der FC Wegberg-Beeck dann 2008/09 in der ersten Runde des DFB-Pokals in Erscheinung und schlug sich beim 1:4 in Mönchengladbach gegen Alemannia Aachen durchaus beachtlich aus der Affäre. Seit 2014/15 pendelt der Club zwischen Oberliga und Regionalliga West, aus der er gerade erst wieder abgestiegen.


Kein Wunder, wenn man sich das heutige Spiel rückwirkend nochmals betrachtet. Fortuna II spielte behäbig und ohne wirklichen Druck nach vorne. Weberg wollte, konnte aber nicht mehr bieten, erarbeitete sich einige Chancen, vergab diese aber stellenweise kläglich. Als sich dann alle der 313 Zuschauer auf ein durchaus gerechtes 0:0 eingestellt hatten, gelang der Fortuna die Führung und der FCW brach auseinander und fing sich noch zwei Stück ein, die in der Entstehung so niemals hätten fallen dürfen. Das Beecker Waldstadion erinnerte mich ganz stark an meine Anfänge als Kind, als mich mein Vater begann mich in die Stadien mitzunehmen. Eine kleine Haupttribüne mit Schriftzug, eine Gegengerade mit ein paar Stufen Ausbau und eine überdimensionierte, aber uralte Anzeigetafel. Dazu vom Stadionspreche vorgetragene Werbung, die wie aus einer anderen Zeit scheint und trotz der Parallelen zum Retortenclub aus Sinsheim, sehr sympathisch rüber kam. Hier ein Beispiel: „Der FC Wegberg-Beeck spielt mit Derbystar-Bällen, denn Derbystar-Bälle halten länger und fliegen besser!“ Ehrlich gesagt, hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass mich Werbung einmal nostalgisch an alte Fussballzeiten erinnern würde.

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Motte

Schloss Tüschenbroich

Geschichte vom Messerturm

Ölmühle Tüschenbroich

Wegberg

Beeck

Motte Beeck

Kirche St.Vincentinus Beeck

FC Wegberg-Beeck

Wegberg und der Vergleich mit Hoffenheim

 

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